Italienische
Literatur
Der
Sonnengesang des Heiligen Franziskus von Assisi, der Cantico
delle Creature (Laudes creaturam), ist die älteste
literarische Dichtung in italienischer Sprache. Das 14. Jahrhundert
wird durch drei große Namen unserer Literatur geprägt:
Dante, Petrarca und Bocaccio, der als
Vater der Novelle gilt. Sein Decameron, ein Spiegel der Handelskultur
der damaligen Zeit, charakterisiert die einzelnen Individuen
durch die Handlungen, die sie vollbringen und wird ein Vorbild
für die folgenden Jahrhunderte. Das 15. und 16. sind
die Jahrhunderte der Ritterepik, die zeitlich weit zurückliegende
Heldentaten beinhaltet, eine Gattung, die Torquato Tasso
mit Das befreite Jerusalem -1575 - entscheidend erneuert.
Weitverbreitet in diesen Jahrhunderten ist auch das Traktat.
In Der Fürst - 1513 - liefert Niccolò
Machiavelli eine realistische Beschreibung des Fürsten,
dessen politische Tugenden Kraft, Zynismus und Entschlossenheit
sind. Machiavelli hat das Verdienst, die Politik als selbstständige
Wissenschaft begründet zu haben, die er als Technik zur
Lösung praktischer Probleme auffasst. Das 18. Jahrhundert
ist die Zeit der Theaterreform von Goldoni, aber auch
der Tragödien von Vittorio Alfieri, der einen
"Tyrannen" in Szene setzt, der, von vehementer Leidenschaft
beseelt, hin- und hergerissen ist zwischen moralischer Pflicht
und Machtwillen, bis hin zur Selbstzerstörung. Die Literatur
des frühen 19. Jahrhunderts ist sodann durch die außergewöhnliche
Blütezeit der Romantik gekennzeichnet.
Mit
Die Verlobten - 1840 - entsteht eine neue, nicht literarische,
sondern allen gemeinsame und für alle verständliche
Sprache. Und es entsteht eine neuartige Geschichte, d.h. die
Realität, wie sie vom Volk gesehen und erlebt wird: Manzoni
schreibt damit den ersten großen Roman der italienischen
Literatur, der ein Wegbereiter des italienischen Verismus
wird, dessen Vertreter ihre Aufmerksamkeit dem Gegenwärtigen
und den Aspekten des Alltags zuwenden. Das Bestreben, aus
den geschriebenen Seiten die Realität so auftauchen zu
lassen, als ob "sie von selbst entstanden wäre"
verwirklicht sich durch treffende formal-linguistische Ansätze
zum Beispiel in Die Malavoglia - 1880 - von Giovanni
Verga. Im späten 19. Jahrhundert entwickeln sich
innerhalb der existentiellen Ruhelosigkeit, die unter den
Begriff Dekadenz fällt, neue künstlerische Orientierungen:
D'Annunzio beherrscht vierzig Jahre lang den literarischen
Geschmack Italiens und noch heute übt der unruhige und
widersprüchliche Geist seiner Kunst eine große
Anziehungskraft aus. Andrea Sperelli, der Protagonist seines
Romans Lust - 1889 -, verkörpert den Typ des zynischen
und zerrütteten Menschen, einen Dandy, der vom Streben
nach Schönheit beseelt, Eleganz und Äußerlichkeit
als Lebensziel hat und alles Banale und Mittelmäßige
verachtet. Das provokatorische und unmoralische Verhalten
dieses Supermenschen, seine sentimentalen, erotischen oder
intellektuellen Erlebnisse sind in einer Sprache ausgedrückt,
die genauso preziös und raffiniert ist wie das geschilderte
Milieu.
Pascoli
leitet die moderne italienische Lyrik ein: das "Knäblein"
("il fanciullino") entdeckt jenseits der Realität
des Alltags eine geheimere und geheimnisvollere Welt, eine
Quelle der Beunruhigung, die vom Sinn des Todes beherrscht
ist.
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